Lieber unbekannter Freund,
es freut mich, dass du dich für die Gesellschaft Jesu interessierst. Bei mir ist es schon länger her, dass ich für diese „geringste Gesellschaft“ Feuer gefangen habe, aber bis heute ist es nicht erloschen. Es ist eine Gemeinschaft, die unglaublich willensstarke Männer zusammenbringt und so viel erreicht hat. Manchmal kann einem ganz anders werden, wenn man überlegt, in welche Tradition man sich da stellt. Auch ich bin bekannt dafür, einen starken Willen zu haben und zu versuchen die Aufträge und die Regeln immer zu 150 % zu erfüllen. Manche sagen sogar, ich sei bisweilen zu streng mit mir selbst. Ich bin nur froh, dass ich gelernt habe, diese Strenge gegenüber anderen gegen Barmherzigkeit zu tauschen – welche Gnade!
Mein Rat an dich: Lass dich nicht abschrecken, wenn du manchmal meinst, es würde nicht reichen, was du mitbringst und du seist zu gewöhnlich. Mir hat Schwester Magareta Maria Alacoque die Augen für das Wesentliche geöffnet: Den Blick auf das demütige und liebende Herz Jesu. Ein Herz, das brennt vor Liebe und für uns Menschen. Ein Herz, das zart und empfindlich ist für andere. Ein Herz, das uns die Liebe Gottes zeigt.
Unsere Herzen sind oft von ängstlicher Härte erfüllt, wie Marmor oder Bronze. Aber Gott kann diese Härte in uns besiegen und in unseren Herzen Wohnung nehmen. Das ist es, was letztlich zählt.
Dazu braucht es vor allem Vertrauen und Offenheit – der Rest ist Gnade. Wenn Gott erst einmal der Herr deines Herzens ist, wird er nicht untätig bleiben.
Es braucht keine große Erleuchtung – die gibt Gott, wem er will. Ich bin gar nicht gemacht dafür, ich könnte sie gar nicht tragen; sie wäre nicht gut für mich. Man gießt ja auch keinen kostbaren Wein in ein Fass, das ein Leck hat. Ich bitte nur um eine solide, einfache Art zu beten. Ein Gebet, das mich nicht aufbläht, sondern Gott die Ehre gibt.
Versuch immer wieder nach Gott Ausschau zu halten und ihm in aller Gewöhnlichkeit treu zu bleiben. Das ist alles.
Dein Suchen will ich mit meinem Gebet begleiten, das ist sicher,
Dein Claude de la Colombière SJ.
Der Heilige Claude de la Colombière wird am 2.2.1641 in Südfrankreich geboren. 1658 tritt er in die Gesellschaft Jesu ein. Im Terziat (1674) legt Colombière das Gelübde ab, alle Regeln der Konstitutionen bis ins kleinste Detail zu beachten. Nach den letzten Gelübden (1675) wird er Superior der Kommunität in Paray-le-Monial und geistlicher Begleiter von Sr. Margareta Maria Alacoque, deren Visionen zum Ausgangspunkt der Herz-Jesu-Frömmigkeit werden. Colombière wird zum „Apostel des Herzens Jesu“. Er ist ein beliebter Prediger. 1676 wird er als Prediger der Herzogin von York nach England geschickt. Die Herzogin bittet Innozenz XII. – auf Colombières Bitte hin – das Herz-Jesu-Fest einzuführen. Colombière wird verraten („Popish plot“), inhaftiert und 1678 aus England ausgewiesen (Louis XIV. rettet ihn vor dem Martyrium). Er kehrt – gesundheitlich durch Haft und Klima geschwächt – nach Frankreich zurück. 1681 kommt er wieder nach Paray-le-Monial. Sein Predigtschwerpunkt ist die Liebe Gottes, wie sie sich im Herzen Jesu zeigt. Am 15.2.1682 stirbt er. 1929 wird er seliggesprochen und 1992 heilig. Sein Gedenktag ist der 15. Februar.
Dag Heinrichowski SJ