Letzte Gelübde von Hans-Martin Rieder SJ in St. Blasien

Am Ende ihrer Ausbildung im Orden legen Jesuiten ihre letzten Gelübde ab. Damit erfolgt die endgültige Eingliederung in die Ordensgemeinschaft der Societas Jesu (SJ – Gesellschaft Jesu). Für Hans-Martin Rieder ist es am 6. Februar soweit: im Dom zu St. Blasien wird er seine letzten Gelübde ablegen. Seit 2020 ist er Rektor am dortigen Jesuitenkolleg. Warum er dieses Datum gewählt hat und was dieser Schritt für ihn bedeutet, erzählt er uns heute:

Am 6. Februar 2022 werde ich meine „letzten Gelübde“ ablegen. Dabei werde ich das wiederholen, was ich schon 2011 am Ende des Noviziats gelobt habe: Armut, Gehorsam und Keuschheit. Was damals für mich bereits eine Lebensentscheidung war, wird nun von Seiten meines Ordens – der Gesellschaft Jesu oder kurz Jesuiten – für mein ganzes Leben bestätigt; mit den letzten Gelübden erfolgt eine gegenseitige Bindung, die bis zum Lebensende halten soll.

Das Datum zur Ablegung der Gelübde habe ich bewusst gewählt. Einige Tage vorher feiern wir das Gedenken des Heiligen Blasius – den Namensgeber und Schutzpatrons unseres Kollegs – sowie den Todestag meines Mitbruders Pater Alfred Delp SJ, der selbst am Kolleg St. Blasien Lehrer war und als Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Diktatur hingerichtet wurde. Delp hat seine letzten Gelübde im Todestrakt mit gefesselten Händen abgelegt, obwohl ihm eine Begnadigung in Aussicht gestellt wurde, wenn er den Jesuitenorden verlassen hätte.

Viele und vielleicht auch Sie verbinden mit den Gelübden Einschränkungen: Kein eigenes Geld, Wohnung oder Auto, keine eigene Entscheidung, wo ich lebe und was ich arbeite, keine eigene Familie. Und das stimmt ja auch, auf all das gilt es zu verzichten. Ich habe in der Tat lange geprüft, ob ich das kann – schon vor den ersten Gelübden und seither. Die Entscheidung von 2011 hat sich für mich in den letzten Jahren und in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen bestätigt und vertieft: Ob als Erzieher im Internat oder in meiner Studienzeit in Rom, ob als Seelsorger in St. Michael und der Hochschulgemeinde in Göttingen oder im Dschungel von Belize und auch jetzt als Direktor des Kollegs St. Blasien: die Gelübde und die damit verbundene Bindung an den Orden geben mir Freiheit für ein Leben, so wie es für mich erfüllend, glücklich und sinnvoll ist. Zugleich bin ich davon überzeugt, dass all das nicht „nur“ meine Vorstellung ist, sondern dass das der Weg ist, zu dem ich von Gott berufen bin und mit dem ich in dieser unseren Welt und Kirche etwas Gutes bewirken kann. Dabei bin ich mir der Herausforderungen sehr bewusst. Die Situation der Kirche ist mehr als schwierig, an einen Gott oder gar an Jesus zu glauben für viele Menschen jenseits aller Plausibilität. Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Transformationsprozesse werden mich und uns alle sehr fordern. Doch genau das spricht dann für mich wiederum für die Gelübde: Ich möchte all dem gemeinsam mit einem Orden begegnen, dessen Grundauftrag es ist, den „Seelen zu helfen“ und der aus einer Spiritualität der Exerzitien des Ignatius von Loyola lebt. Mit Sicherheit werde ich dabei nicht alles richtig machen und an einigem auch scheitern. Zugleich habe ich das tiefe Gottvertrauen, dass sich mein Leben fügen wird und ich in (der) Gesellschaft Jesu meine Berufung gefunden habe.

 

Letzte Gelübde von P. Hans-Martin Rieder SJ

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